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CD-Kritik zu WOLFGANG RIHM: Klavierwerke 1966–2000

KlassikCom:

Pianistische Subtilitäten

Obwohl das Werk des vielseitigen Komponisten Wolfgang Rihm eigentlich nie dem Ghetto der der speziell auf neue Musik ausgerichteten Festivals verhaftet blieb, sondern stets auch seine Zuhörer im normalen Konzertbetrieb fand, zeigte sich die Tonindustrie merkwürdig gehemmt im Produzieren von Tonträgern. So ist jetzt endlich eine eindrucksvolle und längst überfällige Aufnahme der Klavierwerke von Wolfgang Rihm mit dem Pianisten Udo Falkner beim Label 'Telos-Music' erschienen.

Die drei CDs enthalten die Klavierkompositionen, angefangen mit den drei Klavierstücken aus den Jahren 1966/67 bis hin zu der Hommage an Pierre Boulez („Auf einem anderen Blatt“) aus dem Jahr 2000 und eröffnen einen aufschlussreichen Einblick in das kompositorische Schaffen dieses hochartifiziellen und intellektuellen Komponisten. Manches war bisher überhaupt nicht auf Tonträger erhältlich oder zumindest schwer zugänglich. Beim Hören wird rasch der Verdacht entkräftet, Rihms Erfolg basiere auf seiner Bereitschaft zum Kompromiss. Nur völlig bornierte Verfechter eines Fortschrittsgedanken können überhören, dass es bei Rihm um eine produktive Auseinandersetzung mit der Tradition geht. Deutlich zu hören beim 'Brahmsliebewalzer' aus dem Jahre 1985. Ein Paradebeispiel für Rihms Fähigkeiten gewissermaßen schattenhafte Anklänge an Vergangenes zu schaffen. Das hat nichts mit jenem Typus des Zitierens zu tun, der schnell zum Ratespiel missrät, viel aber mit einem intelligenten Erinnern an vergangene Ausdrucksgesten und die Möglichkeit diese in heutige Klangrede mit einzubeziehen, ohne eben banal zu werden.

Rihm hat Musik einmal als eine Art 'Energieweitergabe' bezeichnet. Man könnte unter diesem Aspekt seine kompositorische Vorgehensweise der Auseinandersetzung mit tradiertem Material mit der eines Trüffelschweins vergleichen, ständig auf der Suche nach verborgenen Aspekten in den Kompositionen, nach unentdeckten Energiereserven, die eine kompositorische Verarbeitung quasi herausfordern.

Das ist immer ungemein spannend, vor allem wenn der Notentext intelligent und kompetent realisiert wird. Udo Falkner hat einen Sinn für den langen Atem und untrügliches Gespür fürs feine Detail, verfügt aber auch über die notwendige Fingerfertigkeit, die stellenweise doch recht komplizierten Verläufe zu beherrschen.

Wunderschön die sechs Préludes (1967), wobei man sich beim ersten unwillkürlich fragt, ob nicht Keith Jarrett vor der Einspielung seines berühmten Köln-Konzerts, dieses Werk gespielt oder gehört hat. Wolfgang Rihm lässt hier seine Musik kadenzielle Klangfolgen umkreisen wie einen zwar sehr anziehenden, aber doch reichlich fremd geworden Planeten. Udo Falkner führt diesen Werkkomplex, der in der Tat schnell ins Banale abrutschen kann, wenn man sich ihm interpretatorisch unintelligent nähert, mit der notwendigen Emphase und agiler Artistik sehr souverän vor. Das gilt auch für die fünf Stücke aus dem Jahre 1999, die Rihm 'Zwiesprache' nennt. Es handelt sich um äußerst subtile Refexionen über die Personen, denen das jeweilige Stück gewidmet ist. So zum Beispiel Alfred Schlee oder Paul Sacher, um nur zwei zu nennen. Dieses Reflektieren greift Rihm auch in seiner Hommage an den von ihm hoch verehrten Pierre Boulez auf. Ähnlich wie dieser sind weite Teile des Schaffens von Rihm einer ständigen Metamorphose unterworfen und genau diese ist auch der ideelle Kern dieses aufschlussreichen Stückes ...

Auf dieser klangtechnisch sorgfältig betreuten CD, die die extremen Unterschiede der Dynamik sehr gut eingefangen hat, lässt der Pianist Udo Falkner Wolfgang Rihms Musik so lebendig wie möglich erscheinen und zeigt, wie vielfältig und visionär Rihms Musik war und immer noch ist. Udo Falkner hat mit dieser Einspielung die Messlatte für weitere Einspielungen sehr hoch gelegt. Derzeit besitzt diese CD Referenzcharakter und ist für den Liebhaber neuer Musik ein unbedingtes Muss.